Page 15 - DerPeutinger11-2015
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KONRAD PEUTINGERHimmlische Strafe: Ein Druck von 1496 über die Syphilis, die sich damals rasant verbreitet hatte.schichte aus erster Hand überliefern und zugleich geeignet sind, die Persönlichkeit Peutingers näher zu beleuchten.In seinem Exemplar des berühmt-berüchtigten „Hexenhammer“ notierte er über dessen nicht min- der umstrittenen Verfasser: „Heinrich Institoris, ein Dominikaner, der in Augsburg, unserer Vaterstadt, wohlhabende Witwen noch und nöcher damit beläs- tigte, ihm den besten Wein zu schicken. Schließlich schickte ihm eine, da sie sich von der Belästigung durch ihn befreien wollte, keinen Wein, sondern Was- ser. So entledigte sie sich dieser Unannehmlichkeit.“ Aus einem anderen Eintrag zu derselben Episode erfahren wir, dass es sich bei der beherzten Witwe, die dem ewig durstigen Predigermönch Wasser stattRandbemerkungen von Peutinger: Eine Seite aus dem „Hexen- hammer“, der die Hexenverfolgung zu legitimieren versuchte.Wein bringen ließ, um Sibylla Artzt, geb. Sulzer, han- delte, deren gleichnamige Tochter 1498 Jakob Fugger den Reichen heiratete. Fast stereotypisch wiederholt Peutinger bei weiteren Gelegenheiten den Hinweis auf die Trunksucht des Dominikaners, erkennt aber zugleich dessen Gelehrsamkeit an. Eine Stellungnah- me zum „Hexenhammer“, dem folgenreichen Haupt- werk des Heinrich Institoris, das über Jahrhunderte hinweg die legitimierende Basis für die Hexenverfol- gungen bildete, suchen wir dagegen – und auch das ist charakteristisch für Peutinger – vergeblich.Als Peutinger 1520 an der Spitze einer Augsburger Delegation zur Begrüßung Karls V. nach Brügge reis- te, ergab sich für ihn zum einzigen Mal in seinem Leben die Gelegenheit, die Protagonisten des euro- päischen Humanismus, Thomas Morus und Erasmus von Rotterdam, persönlich zu treffen. Aus seiner Zusammenkunft mit Morus wählte Peutinger zwei Episoden aus, die er in verschiedene Bücher seiner Bibliothek eintrug. Zum einen berichtete ihm Morus, er habe sich, als er nach dem Tod seiner ersten Ge- mahlin zum zweiten Mal geheiratet habe, bewusst für eine bäurische und ungebildete Frau entschie- den, weil er Zwistigkeiten zwischen der Stiefmutter und seinen Kindern aus erster Ehe vermeiden wollte. Seine neue Frau habe er aufgefordert, sich zusam- men mit ihren Stiefkindern in der Musik zu üben; dadurch seien sie sich nähergekommen und alles sei harmonisch verlaufen.Die zweite von Peutinger festgehaltene Episode han- delt davon, dass Morus ihm seine nach Brügge mitge- brachte Kollektion von 200 römischen Gold- und 600 Silbermünzen gezeigt und ihm angeboten habe, er dürfe sich davon nehmen, was er haben wolle. Unter den 800 Münzen entdeckte Peutinger allerdings nur eine, die er noch nicht besaß und deshalb von Morus geschenkt bekam. Mit dieser sehr subjektiven Aus- wahl – Familie und Münzen – erzeugt Peutinger das Bild einer vertrauten Humanistenfreundschaft zwi- schen ihm und dem späteren Lordkanzler. Worüber die beiden sonst noch in Brügge sprachen, überliefert aber weder er noch Morus. Dr. Helmut Zäh ist Philo- loge und Historiker. Er be- schäftigt sich seit über 20 Jahren mit Konrad Peutin- ger und dessen Bibliothek. Zudem ist er Vorsitzender der „Initiative Staats- und Stadtbibliothek Augsburg e.V.“, deren Ziel die Förde- rung dieser bedeutenden Einrichtung ist.Der Peutinger 11 / 2015 15Bilder: Staats- und Stadtbibliothek Augsburg


































































































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