Page 31 - DerPeutinger11-2015
P. 31

DP: Welche Rolle spielte für ihn seine Frau und überhaupt seine Familie?Möller: Seine Frau war ihm eine wirkliche Partnerin, die auch für manche Politikbereiche Einfluss auf ihn hatte. Zum Beispiel bei seinem starken Engagement für Familienpolitik, das in vielen Briefen an Helmut Kohl deutlich wird. Dort weist er regelmäßig auf vor- herige Vereinbarungen hin und schreibt einmal über den damaligen FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff, der habe wohl keine Ahnung, wie eine Familie mit mehreren Kindern und einem Durch- schnittseinkommen überhaupt leben könne. Die sozi- al akzentuierten familienpolitischen Maßnahmen ent- sprachen zwar auch seinem Charakter, gingen aber wohl eher auf seine Frau zurück. Marianne Strauß war eine starke Persönlichkeit, die im Umgang mit ihm durchaus eine gewisse Strenge ausstrahlte. Bei zwei so starken Persönlichkeiten war es sicher nicht immer eine ganz einfache Ehe. Doch die Familie war für ihn ein wesentlicher Ruhepunkt im turbulenten Leben. Im Kern war er ein Familienmensch. Er mach- te auch, für heutige Verhältnisse etwas überraschend, im Sommer ausgiebig Urlaub mit der Familie, in der Regel mehrere Wochen.DP: Haben Sie in den Archiven Persönliches ent- deckt, das Sie bewegt hat?Möller: Die Briefe, von denen ich gesprochen habe, dann aber auch die Tatsache, dass er persönliche Briefwechsel über die ganze Zeit gehalten hatte, da- runter zu vielen professionellen Diplomaten, mit denen er befreundet war. Bewegend für einen knall- harten Politiker, der er war, ist auch die tiefe Enttäu- schung über Adenauer in der Spiegel-Krise. Er fühltesich im Stich gelassen. Berührend fand ich auch, dass er noch als Ministerpräsident Buchbestellung an die wissenschaftliche Buchgesellschaft eigenhändig aus- gefüllt hat. Da ist seine sehr menschliche Seite. Es ist diese Bipolarität zwischen Rationalität und Emotio- nalität, die bei ihm in einem wirklich großen Span- nungsverhältnis stand.DP: Und zugleich war er nicht abgehoben?Möller: Nein, seine große Wirkung nicht nur in Bay- ern beruhte nicht zuletzt auf seiner Volksnähe. „Ich stamme aus dem Volk und ich gehöre weiter dazu“, war seine gelebte Einstellung. Eine gewisse intellek- tuelle Arroganz resultierte aus seiner hohen Sach- kompetenz und der damit verbundenen Ungeduld, aber das war kein sozialer Hochmut, eher ein über- bordendes persönliches Selbstwertgefühl. Wenn er allerdings auf Dummheit traf, konnte er schon sehr drastisch werden.DP: Gibt es eine Kluft zwischen dem Menschen und dem Politiker Strauß?Möller: Das glaube ich nicht. Bei Strauß ist Dienstli- ches und Privates eigentlich nicht aufzulösen. Er hat- te wohl seine Rückzugsgebiete wie die Jagd oder die Lektüre. Aber selbst dann blieb er immer zugleich der Politiker. Als die Landtagsfraktion sich beklagt hatte, er schwänze die Sitzungen und kümmere sich nicht um die bayerische Politik, gebe sich aber mit Helmut Kohl Bergfreuden hin, da war er schwer ge- kränkt und meinte: Was kann es wohl Wichtigeres geben, als dass ich mit dem Kanzler und CDU-Vor- sitzenden Dinge kläre, die für uns Bayern politischFür die Zigarre war eigentlich der andere bekannt: Strauß 1964 mit dem damaligen Bun- deskanzler Ludwig Erhard.Der CSU-Chef und sein Gene- ral: Strauß mit Generalsekre- tär Edmund Stoiber 1980 beim Parteitag in München.Der Präsident und ein Gast aus Bayern: Strauß trifft 1983 in Washington den damaligen US-Vize-Präsidenten George Busch senior.wichtig sind.Nach einer Reise durch ver- schiedene Ostblockstaaten besuchte Franz Josef Strauß 1983 mit Ehefrau Marianne und Sohn Max (rechts) die DDR. Es gab offizielle Treffen mit der Staatsführung, aber auch spontane Kontakte mit einfachen Bürgern. Manche übergaben dem Besucher aus dem Westen Briefemit Hilfsgesuchen. Durch persönliche Interventionen konnte Strauß für viele DDR-Bürger Ausreisegeneh- migungen erreichen.Der Peutinger 11 / 201531Fotos: Hanns-Seidel-StiftungFoto: Hanns-Seidel-Stiftung


































































































   29   30   31   32   33