Page 25 - DerPeutinger11-2015
P. 25

KONRAD PEUTINGERHarald FuchsVor einem halben Jahrtausend war Augsburg neben Nürnberg der be- deutendste Finanz- und Handelsplatz Süddeutschlands. Die Stadt am Lech lag mitten in Europa und damit zentral in der damals bekann- ten Welt. Hier trafen sich Kaiser und Kardinäle, hier hatten wichtige Handelsfirmen wie die Fugger ihre Konzernzentrale angesiedelt, und hier rang Martin Luther mit den Mächtigen der katholischen Kirche.Im Zentrum seiner Macht: Jakob Fugger legt seine Hand auf den Schreibtisch, rings um ihn herum das ge- schäftige Treiben in seinem spätgotischen Stadtpalais am Augsburger Rinder- und Heumarkt.Mit mächtigen Zweimastern begann die Globalisierung. „Unsere ersten Handelskon- takte zu Deutschland gehen zurück auf das Jahr 1505, als Schiffe, die von der Augsbur- ger Fugger-Familie finanziert waren, in Goa landeten“, er- innerte der frühere indische Premierminister Mohammed Singh.Mittelalterliche Bindungen lösten sich auf, neue Horizonte und Chancen eröffneten sich. Es war die Zeit der Renaissance. Ein modernes Lebensgefühl entwickelte sich. Mit der Reformation begann die Abkehr von althergebrachten Kirchenformen. Der Buchdruck wurde erfunden, der ganz neue Mög- lichkeiten bot. Der Kompass half neue Erdteile zu entdecken. Mit dem Frühkapitalismus entstand eine neue Wirtschaftsform. Die Menschen wurden sich ihrer persönlichen Leistungen bewusst.In diese Zeit wurden zwei Augsburger hineingebo- ren, die – jeder auf seine Weise – prägend werden sollten weit über ihre Heimatstadt hinaus: 1459 Ja- kob Fugger und sechs Jahre später Konrad Peutin- ger. Davon, ob sie sich schon in ihrer Jugend getrof- fen haben, ist nichts bekannt, wohl aber kreuzten sich ihre Wege in den kommenden Jahrzehnten auf vielfältige Weise, als der eine der einflussreiche Kaufmann und Bankier war und der andere Syndi- kus und Stadtschreiber.Viele Neuerungen kamen aus Italien. Die Han- delsherren lernten dort Dinge, die es diesseits der Alpen noch nicht gab. Die doppelte Buchführungrevolutionierte das Rechnungswesen. Giroverkehr, Wechselbrief und Depositenschein beförderten das Bankwesen. In diesem Umfeld kam der junge Ja- kob Fugger 1477 nach Venedig in den Fondaco dei Tedeschi. In dem Haus der deutschen Kaufleute, das Handelskontor und Heimstatt zugleich war, wurde der Nachwuchs geschult. Hier lernte Jakob Fugger nicht nur die neuesten Methoden des Bank- geschäftes, sondern auch den neuen Zeitgeist, das Streben nach Gewinn.Knapp zwanzigjährig kehrte er nach Augsburg zu- rück, versehen mit den modernsten Erkenntnissen aus Handel und Bankwesen. So perfektionierte er die Vergabe von Darlehen, indem er sich diese durch Bergwerksrechte und Handelsprivilegien besichern ließ. Damit stach er die Konkurrenz aus und half klammen Regenten aus ihren Geldnöten. Entscheidend für seinen späteren Erfolg als Banki- er und Handelsherr dürfte jedoch Fuggers Begeg- nung mit Kaiser Maximilian I. auf dem Frankfurter Reichstag von 1489 gewesen sein. In den folgenden Jahren wurde Jakob zum bedeutendsten Geldgeber des Habsburgers Kaisers. Der Peutinger 11 / 2015 25


































































































   23   24   25   26   27